Lernspaziergang

Lernspaziergänge statt Online-Nachhilfe

1) Die Herausforderung

Der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Bergisch Land (SkF) hat während der Covid-19 Pandemie gerade die Familien im Blick, für die der Lockdown eine besondere Herausforderung darstellt: Eltern, die die deutsche Sprache nicht beherrschen und jene, die aufgrund besonderer Lebenssituationen ihre Kinder nicht in dem Maße unterstützen können, wie es das Homeschooling fordert. In der Zusammenarbeit mit Grundschulen bekommen wir von dem Lehrer*innen die Rückmeldung, dass sie den Kontakt zu diesen Kindern häufig nicht halten können.

Aus diesem Grund haben wir für 15 Kinder, die nach Ansicht der Lehrer*innen einen besonderen Förderbedarf hatten, die Sommerferienaktion „So macht Lernen Spaß“ gestaltet, in denen sie mit einem Lernpaten in einer 1:1 Beziehung lernten und spielten. 

Zum einen waren wir betroffen, wie groß die Wissenslücken bei den Kindern sind, zum anderen begeisterte uns aber auch, wie viel an Beziehungs-Aufbau und Unterstützung in diesem Setting möglich ist. Aus diesem Grund führten wir dieses Projekt mit viel Erfolg auch nach den Sommerferien weiter. Der zweite Lockdown bremste diese tolle, von vielen engagierten Ehrenamtlichen getragene Aktion aus. Zwar versuchten die Lernpaten online mit den Kindern weiterzuarbeiten, mussten aber feststellen, dass dies so gut wie gar nicht möglich war.

(2) Projektidee

Aus der o. g. Situation entstand die Idee, des „Walk, Talk und Teach“ Projektes. Was genau ist darunter zu verstehen?

Die ehrenamtlichen Lernpaten gehen ein bis zweimal in der Woche mit ihrem Lernkind in die Natur. In speziellen Lerntaschen werden Materialen mitgenommen, die es während des Spaziergangs ermöglichen, das Lesen, Rechnen und Schreiben zu üben. Da werden die Buchstaben des Alphabetes auf Nummernschildern gesucht, Schilder erlesen, mit Steintürmen das Multiplizieren und Dividieren geübt und vieles mehr.  Ganz nebenbei gibt es viel Zeit zu laufen, zu erzählen und die Natur zu erforschen. Die Lernspaziergänge beinhalten 10 Module. Themen sind unter anderen „Vom Sehen und Staunen“, „Vom Angst haben und mutig sein“ u.s.w. Die Lernübungen greifen die Themen und das Erleben der Natur auf.

Unsere Lernpaten und ihre Patenkinder setzen dieses Projekt schon erfolgreich um und es ist für alle Seiten mit viel Spaß verbunden.  Das große positive Echo motiviert uns, diese Aktion auszubauen. Uns haben mehrere Anfragen von Schulen erreicht, die das Projekt ebenfalls starten wollen. Deshalb wollen wir weitere Materialien, die bei den Spaziergängen eingesetzt werden können, gestalten. In einem zweiten Schritt suchen wir neue Ehrenamtliche, die wir mit einer Online-Schulung auf das Programm vorbereiten.

In einer sogenannten Schnupperstunde lernt der Lernpate sein „Kind“ kennen. Stimmt die „Chemie“? Können sich beide vorstellen, miteinander zu arbeiten? Ein weiterer wichtiger Schritt besteht darin, einen Ort zu finden, den beide leicht erreichen können und an dem man gut spazieren gehen kann. Ziel ist es außerdem, dass die Schüler*innen unterrichtsbegleitend mit ihren Lernpat*innen arbeiten können, dazu pflegen sie Kontakt zu dem Klassenlehrer/Lehrerin und den Eltern. Wie oft Schüler und Lernpat*innen sich treffen, sprechen sie individuell ab. Ein Führungszeugnis und eine Präventionsschulung ist für alle Lernpat*innen Pflicht.

Unsere Projektidee basiert dabei auf drei Prinzipien:

  • Ganzheitlichkeit: Wer an den Lernspaziergängen teilnimmt, wird ganzheitlich begleitet. Wirklich gut lernen kann man nur, wenn der Kopf frei ist. Darum gehört begleitend zum Unterricht, dass die Lernpat*innen Ansprechpartner*innen für die Sorgen und Probleme der Kinder sind. In regelmäßigen Gesprächen können sich die Lernpat*innen mit einer Fachkraft online treffen und die Treffen reflektieren. 

  • Handlungsorientiert: Wir wollen nicht nur schulen, sondern gemeinsam aktiv sein. Darum gehört zu einem Lernspaziergang auch dazu, über Baustämme zu balancieren, Insekten zu beobachten und zu Rennen – genauso wie Lesen und Rechnen.

  • Methodenvielfalt: Beim Lernen verfügen die Lernpat*innen über einen Methodentasche. Der/die Schüler*in kann mit den Sinnen angesprochen werden, die ihm/ihr das Lernen leichtmachen. Um diese Tasche effektiv einsetzen zu können, erhalten unsere Lernpat*innen eine entsprechende Fortbildung von einer Fachkraft.

(3) Kooperationspartner*innen

Neben der Zusammenarbeit mit den Grundschulen wird das Projekt durch „Ein Quadrat­kilometer Bildung“ begleitet. Wir sind außerdem dankbar für die Unterstützung des Lions Club Mitte und der Tafel Wuppertal, die uns bei der Beschaffung von Materialien zur Seite gestanden haben.

(4) Die nächsten Schritte

Um dem großen Bedarf nachzukommen, wollen wir das Projekt gerne auf ganz Wuppertal ausweiten und für 50 weitere Kinder 50 neue Lernpat*innen gewinnen. Dazu werden zunächst 50 Materialtaschen gebraucht. Weitere 100 Taschen würden wir gerne unseren Kooperationspartnern zur Verfügung stellen.

Die Erweiterung des Projektes ist für den Projektzeitraum Mai 2021 bis August 2022 vorgesehen. Es soll im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung auch wenn die Schulen wieder öffnen und in einer Zeit nach Corona weitergeführt werden.